Theodor Achtnich

Theodor Achtnich wird am 10. Mai 1857 in Christiansfeld (Herzogtum Schleswig) als Sohn eines Konditors geboren.1 Christiansfeld ist eine Planstadt des 18. Jahrhunderts, die auf eine Siedlung der Herrnhuter Brüdergemeinde zurückgeht. Zur Zeit von Achtnichs Geburt untersteht das Herzogtum Schleswig dem dänischen König.2

Seine theologischen Studien nimmt Theodor Achtnich bei den Herrnhutern im niederschlesischen Niesky auf und setzt sie im theologischen Seminar der Herrnhuter in Gnadenfeld (Schlesien) sowie an der Universität Halle fort.3

Nach einer vorübergehenden Tätigkeit als Lehrer bei der Herrnhuter Brüdergemeinde in Neudietendorf (Thüringen) absolviert Theodor Achtnich sein Vikariat 1882-1884 in der damals noch selbstständigen Gemeinde Neckarau (1899 zu Mannheim eingemeindet). Danach kehrt Theodor Achtnich als Dozent noch einmal an das theologische Seminar in Gnadenfeld zurück.4

1886 entschließt er sich endgültig zum Pfarrerberuf, wechselt in die badische Landeskirche und übernimmt zunächst die Pfarrverwaltung in Kandern bei Lörrach. Zwei Jahre später wechselt er auf den Posten eines Hausgeistlichen bei der Heil- und Pflegeanstalt Illenau bei Achern, wo er seit 1890 mit Titel und Rang eines Pfarrers tätig ist.5

Im Mai 1897 kommt Theodor Achtnich erneut nach Mannheim6, zunächst als Hausgeistlicher des Diakonissenhauses. 1900-1909 übernimmt er die untere, 1909-1922 die obere Pfarrei an der Trinitatiskirche. Als Pfarrer der oberen Trinitatisgemeinde obliegt ihm ab 1909 auch die Militärseelsorge für die Mannheimer Garnison.7 Über ein Jahrzehnt ist Theodor Achtnich Vorsitzender des Mannheimer Kirchengemeinderats. 1921 wir er zum Kirchenrat ernannt.8

Neben seinem Pfarramt leitet er seit 1900 das Mannheimer Diakonissenhaus.9 Unter seiner Ägide lehnt der Verwaltungsrat des Hauses im Jahr 1905 die Spende von Julia Lanz, der Witwe des kurz zuvor verstorbenen Industriellen Heinrich Lanz, in Höhe von 600.000 Mark zur Errichtung eines modernen Krankenhauses ab. Theodor Achtnich sieht in der von Julia Lanz formulierten Bedingung „jeglichen ‚Einfluss in religiöser Beziehung auf die Kranken‘ zu unterlassen […] den Versuch, den positiv-christlichen Charakter“10 des Diakonissen-Krankenhauses zurückzudrängen.

Vielfältig sind Theodor Achtnichs kirchlich-soziale Aktivitäten sowie seine Unterstützung der Inneren Mission. Bereits im Jahr seines Dienstantritts am Mannheimer Diakonissenhaus ruft er mit Pfarrer Karl Theodor Greiner von der Trinitatiskirche einen Hilfsverein für die „armen, verschämten Gemeindeglieder“11 ins Leben. 1904 gründet er mit seinem Kollegen von der unteren Trinitatispfarrei Friedrich Wilhelm Hitzig einen Verein zur Errichtung einer Gemeindekinderschule. Theodor Achtnich hat darüber hinaus lange Jahre den Vorsitz des Evangelischen Rettungshauses für Mädchen inne und ergreift 1912 die Initiative zur Gründung eines Schifferkinderheims. Ebenso wird er in den Vorstand des 1905 eröffneten Fürsorgeheims für schulentlassene Mädchen in Neckarau berufen.12

1898 errichtet der Evangelische Männer-und Jünglingsverein unter Führung von Theodor Achtnich eine GmbH zum Bau eines eigenen Vereinsheims in U 3, 23. Das mit dem Haus verbundene Hospiz soll über seinen Hotelbetrieb die laufenden Kosten erwirtschaften, was sich jedoch als unrealistisch erweist.13 Im „Evangelischen Verein“, auch „Stadtmission“ genannt, führt Theodor Achtnich bis zur Auflösung des Vereins im Jahr 1919 den Vorsitz.14

Kirchenpolitisch gehört Theodor Achtnich 1904 zu den Gründern der Kirchlich-Positiven Vereinigung in Mannheim, die sich gegenüber der damals dominierenden Kirchlich-Liberalen Vereinigung (eng verbunden mit der Nationalliberalen Partei) „stärker an Schrift und Bekenntnis gebunden“15 verstand. Theodor Achtnich übernimmt bis 1922 den Vorsitz der Kirchlich-Positiven, die es sich zur Aufgabe machen, „den überlieferten Bekenntnisstand sowie eine, wie sie es verstanden, bibeltreue Verkündigung zu verteidigen“16 . Die Kirchlich-Positiven prägen „nahezu das gesamte Feld sozialer und seelsorgerischer Tätigkeiten“, während die Kirchlich-Liberalen „die Leitungsämter der evangelischen Kirche Mannheims“17 innehaben. Die Gründung einer weiteren Kirchenpartei, der Volkskirchlichen Vereinigung, im Jahr 1909 führt zeitweise zu Zweckkoalitionen der Kirchlich-Positiven mit den Kirchlich-Liberalen.

1919 wird Theodor Achtnich in die verfassunggebende Generalsynode der Landeskirche und erneut 1920 in die ordentliche Landessynode gewählt.18

Nach dem Tod von Pfarrer Karl Schenkel im Juni 1926 springt Theodor Achtnich beim Mannheimer Evangelischen Gemeindeblatt als Schriftleiter ein, ein Amt das er bis zu seinem unerwarteten Tod an seinem 71. Geburtstag, dem 10. Mai 1928, ausübt.19

Theodor Achtnich hat mehrere Schriften veröffentlicht. Sein Nachlass befindet sich im Landeskirchlichen Archiv Karlsruhe (Nr.55).


1 Vgl. Heinrich Neu: Pfarrerbuch der evangelischen Kirche Badens von der Reformation bis zur Gegenwart. Teil 2 (Veröffentlichungen des Vereins für Kirchengeschichte in der evangelischen Landeskirche Baden 13). Lahr 1939, S. 12.
2 Nach dem Deutsch-Dänischen Krieg 1864 fällt das Herzogtum Schleswig an ein Kondominium von Österreich und Preußen. Nach dem Deutschen Krieg von 1866 übernimmt Preußen die Herrschaft über Schleswig und Holstein alleine und vereinigt beide Herzogtümer 1867 zur Provinz Schleswig-Holstein. Nach dem Ersten Weltkrieg erfolgt in Nord- und Mittelschleswig eine Volksabstimmung, in deren Folge 1920 der nördliche Teil Dänemark angeschlossen wird (Südjütland). Dort liegt auch Christiansfeld, das seit 2007 zur Kommune Kolding gehört. Wegen der Siedlung der Herrnhuter Brüdergemeinde gehört der Ort seit 2015 zum UNESCO-Weltkulturerbe.
3 Vgl. Heinrich Neu: Pfarrerbuch der evangelischen Kirche Badens von der Reformation bis zur Gegenwart. Teil2 (Veröffentlichungen des Vereins für Kirchengeschichte in der evangelischen Landeskirche Baden 13). Lahr 1939, S. 12.
4 Vgl. ebd. sowie NMZ 9.5.1927 (StadtA MA, S 1/1808).
5 Vgl. Heinrich Neu: Pfarrerbuch der evangelischen Kirche Badens von der Reformation bis zur Gegenwart. Teil 2 (Veröffentlichungen des Vereins für Kirchengeschichte in der evangelischen Landeskirche Baden 13). Lahr 1939, S. 12.
6 Vgl. StadtA Ma, Familienbogen Theodor Achtnich. Auf der Anmeldung vom 7.5.1897 sind außer Theodor Achtnich seine Ehefrau Hermine geb. Stern (1862-1917) sowie die Söhne Max, Karl und Walter eingetragen. Die beiden ersteren werden wie der Vater Pfarrer, der jüngste Mediziner. Vgl. auch StadtA MA, Meldekarte Theodor Achtnich.
7 Vgl. Udo Wennemuth: Geschichte der evangelischen Kirche in Mannheim (Quellen und Darstellungen zur Mannheimer Stadtgeschichte. Hg. v. Stadtarchiv Mannheim. Bd. 4). Sigmaringen 1996, S. 131.
8 Vgl. NMZ 10.5.1928 (StadtA MA, S 1/1808).
9 Vgl. Heinrich Neu: Pfarrerbuch der evangelischen Kirche Badens von der Reformation bis zur Gegenwart. Teil 2 (Veröffentlichungen des Vereins für Kirchengeschichte in der evangelischen Landeskirche Baden 13). Lahr 1939, S. 12.
10 Udo Wennemuth: Geschichte der evangelischen Kirche in Mannheim (Quellen und Darstellungen zur Mannheimer Stadtgeschichte. Hg. v. Stadtarchiv Mannheim. Bd. 4). Sigmaringen 1996, S. 222 f.
11 Udo Wennemuth: Geschichte der evangelischen Kirche in Mannheim (Quellen und Darstellungen zur Mannheimer Stadtgeschichte. Hg. v. Stadtarchiv Mannheim. Bd. 4). Sigmaringen 1996, S. 220.
12 Vgl. Udo Wennemuth: Geschichte der evangelischen Kirche in Mannheim (Quellen und Darstellungen zur Mannheimer Stadtgeschichte. Hg. v. Stadtarchiv Mannheim. Bd. 4). Sigmaringen 1996, S. 224-228.
13 Vgl. Udo Wennemuth: Geschichte der evangelischen Kirche in Mannheim (Quellen und Darstellungen zur Mannheimer Stadtgeschichte. Hg. v. Stadtarchiv Mannheim. Bd. 4). Sigmaringen 1996, S. 256 f.
14 Vgl. Udo Wennemuth: Geschichte der evangelischen Kirche in Mannheim (Quellen und Darstellungen zur Mannheimer Stadtgeschichte. Hg. v. Stadtarchiv Mannheim. Bd. 4). Sigmaringen 1996, S. 249.
15 Udo Wennemuth: Geschichte der evangelischen Kirche in Mannheim (Quellen und Darstellungen zur Mannheimer Stadtgeschichte. Hg. v. Stadtarchiv Mannheim. Bd. 4). Sigmaringen 1996, S. 209.
16 Ebd.
17 Ebd.
18 Vgl. Heinrich Neu: Pfarrerbuch der evangelischen Kirche Badens von der Reformation bis zur Gegenwart. Teil2 (Veröffentlichungen des Vereins für Kirchengeschichte in der evangelischen Landeskirche Baden 13). Lahr 1939, S. 12 sowie NMZ 9.5.1927 (StadtA MA, S 1/1808).
19 Vgl. NMZ 10.5.1928 (StadtA MA, S 1/1808).

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